Donnerstag, 19. April 2012

Nicht meine Ministerin - offener Brief an Frau Schröder

Eigentlich könnte es ja so einfach sein: Eine junge, toughe Ministerin, die erste, die während ihrer Amtszeit ein Baby bekommt und die eine Vorgängerin hat, die einiges bewegt hat in Richtung bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf (und dabei immer die Männer mit im Blick hatte und Vereinbarkeit keineswegs als Frauenproblem ansah). Trotz konservativem Background kann man also aufgeklärte Familien- und Frauenpolitik machen. Man könnte also erwarten: Hej, die Frau ergreift die Gunst der Stunde und führt das Begonnene fort. Ist souverän genug, sich von der Vorgängerin zu emanzipieren, eigene Schwerpunkte zu setzen, ohne jedoch den roten Faden zu verlieren.

Träum weiter!

Anfangs dachte ich ja noch, Kristina Schröder - die vor ihrer Karriere als Bundesministerin Fachpolitikerin für Islam, Integration und Extremismus (!) war - ist einfach zu naiv und, klar, zu jung, um mit ihrer erfahreren Vorgängerin souverän umzugehen und einfach glücklos im Setzen eigener Akzente (bspw. der Teilzeit für pflegende Angehörige).

Ok, spätestens bei der unsäglichen Flexiquote war dann klar: Nö, die ist nicht unerfahren und stutenbissig - die MEINT was sie sagt. Das ist ihr Programm, ihre Politik. Also, eigentlich ist es ja keine Politik, denn sie weigert sich beharrlich, Politik zu machen. Sie erklärt strukturelle Probleme kurzerhand zu persönlichen Defiziten - Pech gehabt, wenn Ihr in Dortmund, Saarbrücken, Bonn oder Hannover wohnt und es hier einfach keine Betreuungsplätze für Eure Zweijährigen gibt - aber, Mädels, ich biete Euch nen Hunni an, aber nur wenn ihr auch brav die Vorsorgeuntersuchungen* besucht, wir wollen ja nicht unser schönes, kreditfinanziertes Geld den Assifamilien geben, die es doch nur versaufen und ihre Blagen verlottern lassen, neinnein - und will ihr eigenes Modell auf keinen Fall als solches verstanden wissen. Jede Frau soll sich FREI entscheiden, ohne von irgendwelchen Lilalatzhosen-Emanzen oder ausreichend Kitaplätzen für alle, die sie möchten oder brauchen, zu irgendwas gedrängt zu werden. Wo kommen wir denn da hin?

Jede/r, der sich von dieser Ministerin nicht vertreten fühlt, hat nun die Gelegenheit, seinen oder ihrem Unmut kund zu tun.

Auf der Seite nichtmeineministerin.de wurde heute ein offener Brief an Frau Schröder veröffentlicht, den jeder und jede unterzeichnen kann. Als ich heute um 5 reinschaute, gab es gute 200 Unterschriften - mittlerweile sind es bereits weit über 1600 1900 (!). Und es werden minütlich mehr :-)

Wer sich also mit der Intention des Briefs identifizieren kann, sollte diese Plattform nutzen und die Aktion mit seinem/ihrem Namen unterstützen - und die Seite weiter verbreiten.

Ach ja: wer noch Entscheidungshilfe benötigt: hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier ein paar Artikel und Berichte der letzten Tage.

Und der Spiegel hat die Aktion auch schon mitbekommen: hier!



* ich hab natürlich nichts gegen Vorsorgeuntersuchungen, aber diese Idee aus dem Hause Schröder, das Betreuungsgeld an den Besuch zu koppeln fand ich einfach großartig.

4 Kommentare:

  1. Das Drama geht ja nun schon seit Jahren, dass die "liebe" Regierung immer mit "Selbstverantwotung" kommt. Ich tröste mich in meinem seltsamen recht unbefriedigend Dasein nur mit einem und zwar: Ich hab die alle nicht gewählt". Immerhin hab ich diese Freiheit, wählen zu dürfen und dabei sehe ich sogar mal eine relative große "Selbstverantwortung", nicht für mein unausgeglichenes Dasein, wofür ich ja selbst verantwortlich bin ;).

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  2. Ha! genau die Unterhaltung fuehren wir seit Tagen im Freundeskreis- danke fuer den Link!!!

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  3. Sorry, aber die "unsägliche Flexiquote" wird von 61 % der Bevölkerung unterstützt, während eine feste Quote selbst bei den Frauen nur 30 % Zustimmung findet (letzte Umfrage zu diesem Thema). Das Betreuungsgeld finden die betroffenen jungen Frauen auch mehrheitlich gut und wer wie in dem offenen Brief wahrheitswidrig und wider besseren Wissens behauptet, dass die Gehaltunterschiede wirklich bei 23 % liegen (die liegen bereinigt bei 8 % als Obergrenze (siehe statistisches Bundesamt zu diesem Thema), der will ohnehin nur Parteipolitik machen. Verglichen mit Roth und Künast ist mir Frau Schröder deutlich lieber. Vor allem auch weil sie sich eben nicht als Frauen- sondern als Familienministerin begreift und anders als ihre Vorgängerin wirklich auch etwas für Jungen macht.

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