Jedes Jahr zu Pfingsten stellt sich die Frage: In Berlin bleiben und zum Karneval der Kulturen gehen? Oder aber doch in die ostwestfälische Heimat fahren und das alljährliche Schützenfest besuchen?Und dies vielleicht noch mit einem Besuch des alle zwei Jahre stattfindenden, unglaublich großartigen Straßentheaterfestivals verknüpfen?
In aller Regel gewinnt: das Schützenfest.
Jaja, ich weiß. Gibt es irgendetwas das klischeebehafteter ist und hundertprozentig mit Provinz an und für sich assoziiert wird? Vermutlich nicht. Um ehrlich zu sein, würden mich auch keine 10 Pferde auf Schützenfeste in anderen Dörfern kriegen. Aber zu Hause ist nunmal zu Hause. Und Heimat ist Heimat. Rein rational sind mir alle "Gegenargumente" von wegen Glaube, Sitte, Heimat völlig einleuchtend. Und dennoch: Wenn die Musik zu hören ist, der Umzug losgeht, die Sonne scheint, die Menschen sich herausgeputzt haben, werden Kindheitserinnerungen wach, ich werd ein bisschen kribbelig, geh raus und guck mir das Spektakel an.
Ich bin und bleibe halt ein Landei. Das ist keine Koketterie. Es gibt ja den schönen Spruch: Du kriegst das Mädchen aus dem Dorf, aber das Dorf nicht aus dem Mädchen. Ist schon was dran. Meine Große, die ja nun von Geburt an ein richtiges Großstadtkind ist, ist stolz auf ihre ländlichen Wurzeln, genießt - natürlich - die ausgiebigen Besuche bei Oma und Opa, und am allerallerallerliebsten würde sie hierher ziehen. Stantepede. Dagegen würde sie vermutlich auch den baldigen Besuch der Zahnfee eintauschen, auf den sie innigst hofft. Und mal ehrlich: Die Großstadt - Berlin zumal! - hat ja nun nicht eben wenige provinzielle Seiten. Ich finde es schön, meinen Kindern für ihre eigene Kindheit etwas aus dieser, meiner Welt mitzugeben Vielfalt kann ja kaum schaden.
Seit ich nähen kann nähe ich mir jedes Jahr im Mai ein Schützenfestkleid respektive -rock. Wenn ich es mir recht überlege, hatten meine bisherigen Schützenfestkleider/röcke immer ein Blumenmuster. Die Kleider/Röcke können natürlich nicht mit den Dirndln von Christl mithalten, müssen sie ja auch nicht. Es ist ja Frühsommer und damit meist das richtige Wetter für ein Sommerkleid. (Für nächstes Jahr wär die Dirndl-Idee ja mal was :-)
Auch weichen sie doch erheblich von dem ab, was gemeinhin unter Schützenfestkleidermode firmiert. Hier ein paar Impressionen der diesjährigen Kollektion:
"Glaube, Sitte, Heimat" (OMG)...
L1 bestaunt die prächtigen Pferde der regionalen Brauerei.
Grünröcke überall...
Der gestrige Abend im Kreise alter Freundinnen und netter Menschen, die ich seit Ewigkeiten kenne, war ungemein nett. Ich trink praktisch kein Bier mehr, gestern dann also Alster. Für meine Verhältnisse spät, war ich gegen 2 Uhr früh, ein bisschen angeschlagen, zu Hause. Bei den Bildern am späten Vormittag dann noch ein bisschen neben der Spur, die Kinder hatten auch keine Lust auf ein shooting :-)
Hier nun also mein diesjähriges Schützenfestkleid, Nr. 105 aus dem deutschsprachigen Knip-Spezial-Heft.
Weil er in der Großaufnahme nicht gut zu erkennen ist, hier nochmal der Stoff:
Mit Jäckchen gefällt mir das Kleid ausgesprochen gut - das ist nur leider etwas zu warm für dieses Wetter.
Für meine beiden Mädchen hab ich auf den letzten Drücker noch Kleidchen und Rock aus dem gleichen Stoff genäht. Der Rock ist von Katharina inspiriert - Danke!
Das Kleidchen: eine Oona von Farbenmix, zigmal genäht,
Viel mehr kann man aus Stoff mit einem Materialwert von 12 Euro nicht herausholen :-)
Abschließend noch eine kurze Analyse des Kleides. Ich benötigte ja einiges an support, Arlett war so nett zu helfen. Da ich das jetzt kapiert habe, würde es sich lohnen das Kleid gleich nochmal zu nähen. Ich hab es bereits vergangene Woche im Alltag getestet - und für tragbar befunden.
Allerdings muss ich sagen, dass ich ein wenig mit dem Kleid fremdele. Ich frage mich, was das ist, was mich zögern lest, ihm eine glatte 1 zu geben... Ich hatte schon bei Meike neulich angemerkt, dass ich mich mit dieser Art Kleidern erst anfreunden muss - und meinte damit keineswegs die Blümchen :-) Es ist halt ein richtiges Kleid. Kein Jersey-Wohlfühlkleidchen und eben auch kein Sommerröckchen, sondern ein ausgewachsenes Erwachsenefrauenkleid. Muss man erst lernen, solche Kleider zu tragen?
Ein Rock hat ja den Vorteil, dass man ihn immer und immer wieder anziehen kann, nur das Shirt oder die Bluse, die man dazu trägt, muss nach einem solchen Tag in die Wäsche. Bei einem solchen Kleid ist das anders: Nach einem Tag ist es - zumindest bei mir - wäschereif. Ich weiß nicht, ob mich auch dies immer wieder zögern lässt. Denn vor jedem Tragen hat
Zum anderen dachte ich zunächst, das Kleid sitzt zu knackig, sprich: ist zu eng. Das glaube ich mittlerweile nicht mehr - auch der Liebste, der an dieser Stelle immer recht hemmungslos ehrlich ist, verneinte meine Frage. Das ist es also nicht. Wohl eher eine mangelnde Erfahrung, sich in richtigen Kleidern wohlzufühlen. Wisst Ihr was ich meine?
Von meiner Terasse aus, wo ich gerade sitze, höre und sehe ich die Karussels. Gerade wird "Summer of 69" gespielt, Lachen schallt herüber, die Leute feiern. Ich hab seit heute morgen nen steifen Nacken und werde jetzt wohl mal unter die Dusche gehen, dann meine Mama bitten, mich mit Arnika einzucremen und dann zu meinen Mäusen ins Bett kuscheln - und nicht mehr feiern gehen.
Und morgen dann: Nur ins Freibad - oder doch zum Straßentheater? Wir werden sehen.
Ich freu mich jedenfalls auf die Blümchenparade morgen früh bei Meike.
Schlaft gut!
Melleni