Der
aktuelle Beitrag von Catherine ruft ja viel Resonanz hervor. Ich hab den ganzen Tag immer mal wieder in die Kommentare geschaut und halbe Gedanken dazu verfasst. Ich muss leider sagen, dass das Kommentar lesen nicht unbedingt zur Klarheit der eigenen Gedanken beiträgt. Deshalb nochmal flott den ursprünglichen Beitrag gelesen und die Gedanken sortiert. Ich hoffe, es gelingt.
Catherine schreibt von den
"Zwickmühlen oder Dilemmata, in denen Politikerinnen in den Medien stecken: Sind sie schön ODER schlau? Sind sie jung und frisch ODER erfahren? Zu sanft ODER zu robust? Instrumentalisieren sie ihre Familien ODER haben sie gar keine Gefühle?" Ich fürchte, das gilt (in abgeschwächter Form und unterschiedlichem Ausmaß) nicht nur für Politikerinnen, sondern für Frauen schlechthin. Attraktiv UND Kopf? Gefühl UND Verstand? Mutter UND Frau? Oder anders - das wird auch in vielen der Kommentare deutlich: Wie man`s macht, macht man`s verkehrt. Egal ob man den klassischen Weg geht - Schule, (gute/langwierige) Ausbildung, Etablierung im Job, Kind - oder sich für alternative Modelle entscheidet, man steht doch irgendwann an dem Punkt, wo es gilt sich rechtfertigen, erklären zu müssen. De facto sind die Ansprüche, die an Frauen heute gleichzeitig gestellt werden praktisch unvereinbar. Egal welchen Weg man geht: Karriere ohne Kind, ggf. auch Mann (suspekt, nach wie vor), Karriere mit Kind (noch suspekter), Kind und Erwerbstätigkeit (vielleicht nicht mehr Rabenmutter, aber doch irgendwie immer noch Thema), Hausfrau und "nur" Mutter (altbacken, klar)...
Korrigiert mich, falls ich mich irre: Ich denke, dass sich das Leben von Männern und Frauen in diesem Punkt fundamental entscheiden: Sie müssen sich einfach nicht im gleichen Maße für Lebenswege rechtfertigen. Ich wünschte mir manchmal, dass es anders wäre (nicht, weil ich es den Männern gönne sondern weil ich denke, dass dies zu mehr Offenheit in der Gestaltung von Biografien, zu mehr geteilter Verantwortlichkeit, zu mehr Vielfalt führt), sehe dies aber bislang nicht. Welcher Mann muss sich dafür rechtfertigen, dass er im Grunde das Leben seines Vaters lebt und die Karriere Priorität hat, vor eigener Gesundheit, Engagement, Kindern? Welcher Mann muss sich dafür rechtfertigen, dass er sich auch mit Mitte 40 schlichtweg kein Leben mit Kindern vorstellen kann, weil ihm andere Dinge wichtiger sind, und er in Zeugungsstreik tritt (die Analogie zum Gebärstreik der "gut ausgebildeten" Frauen)? Welcher Mann muss sich dafür rechtfertigen, dass er straight seine Ziele verfolgt?
Mir persönlich war es immer wichtig, meiner Ausbildung entsprechend beschäftigt zu sein, mein eigenes Geld zu verdienen und mit meinem Mann auch nach der Geburt der Kinder ein weitgehend gleichberechtigtes Leben auf gleicher Augenhöhe (mit weitgehend gleicher Aufgabenteilung) zu führen - weit von dem entfernt, was man gemeinhin eine "Karriere" nennt. Was ich problematisch finde, ist nicht, wenn Paare eine andere Aufgabenteilung vornehmen und Menschen, Frauen anders leben (ich habe eine Ahnung, dass die klassische Arbeitsteilung ein bisschen "einfacher", weil klarer ist, obschon sie für mich nicht in Frage kommt).
Was mich stört und ein bisschen in Rage bringt, ist, wenn Frauen (und Paare) da einfach so reinschlittern. Wenn keine Auseinandersetzung stattfindet darüber wie man miteinander leben will. Wenn sich Unzufriedenheiten breit machen und Wege unreflektiert eingeschlagen werden, weil Alternativen nicht möglich scheinen, weil Rollenmuster nicht hinterfragt werden - weder von Frauen noch von Männern.
Ich glaube, dass Emanzipation bislang nur halbherzig verfolgt und umgesetzt wird - und die Hälfte der Bevölkerung ganz einfach mal schlank ausgespart bleibt. Den Frauen wird immer mehr oben drauf gepackt - oder sie packen selbst kräftig mit (auch mit den von Cat monierten Heile-Welt-Images). Anders gesagt: Solange sich nur Frauen aufreiben mit ihrer Bastelbiographie und den Versuchen, alles unter einen Hut zu bekommen, solange gibt es wohl keine Gleichberechtigung.
"Nur - warum werden andere Seiten so unsichtbar? Ist der Trend zur weiblichen freiwilligen und positiv verstandenen Häuslichkeit eben die Antwort auf die immer noch so geringe öffentliche Teilhabe? Und wie verhalte ich mich in diesem Kontext? Ich empfinde das wirklich als ein Dilemma denn ich möchte schon sehr gerne übers Nähen, über leichte Dinge, über schöne Gegenstände , kochen, backen, den ganzen weiblichen Mikrokosmos schreiben, aber auch darüber, was ich denke. Und ich würde es so gerne viel mehr auch bei anderen lesen: Was sie eigentlich noch so denken."
Ich glaube, hier spiegelt sich die ganze Bandbreite an Persönlichkeiten wider, die einen, die sich nen Kopf machen, die anderen, denen das nicht so liegt. Die einen, die ihre Gedanken auf den Puntk bringen können, die schreiben können, die eine Meinung haben zu allem und jedem, die diese Meinung auch vertreten können - und die anderen, die sehr abwägend sind, moderat, verständig, die niemandem vor den Kopf stoßen wollen, nicht anecken wollen. Ist das typisch weiblich? Vertritt jeder Mann immer und überall seine Meinung? Es sind sicher Rollenzuschreibungen, Typisierungen, die Tendenzen anzeigen.
Mir persönlich geht es so, dass ich meinen blog durchaus als Plattform ansehe, zu Themen, die mich beschäftigen zu schreiben - und sei es nur in Form von Kommentaren zu verlinkten Texten, Artikeln. Aber ich bin noch weit davon entfernt, zu allen mich interessierenden Themen journalistische Texte schreiben zu können.
Ich hab`s nicht so mit dieser Ästhetisierung - weder im Alltag noch auf meinem blog. Im Gegenteil: manchmal wünsche ich mir auch hierfür ein größeres Talent für die schönen Dinge. Deko, basteln und so, das ist mir nicht in die Wiege gelegt worden. Umso mehr freue ich mich, gerade auch mit dem Kind, an dieser Ecke ein bisschen zu experimentieren. So verstehe ich auch den Koche-Backen-Freizeit-Teil des Wochenrückblicks eher als privates Tagebuch denn als Demonstration meiner herausragenden Mutterfähigkeiten.
"Die Welt darzustellen, wie sie eben wirklich ist und nicht weichgezeichnet. Ich wünsche mir wohl weniger glatte moderne Weiblichkeit und mehr Aggression im Umgang mit der Öffentlichkeit, denn Bloggen heißt doch auch, Öffentlichkeit zu betreten und herzustellen."
Wahrscheinlich ist das nicht immer jeder so klar, da das bloggen doch eine sehr niederschwellige Form der öffentlichen Kommunikation darstellt. Dass man mit dem bloggen einen Beitrag zur öffentlichen Debatte leistet. Ich glaube aber auch, dass sowohl Politik im allgemeine als auch Geschlechterfragen im besonderen nicht für jede auf der Hand liegen. Damit will ich nicht sagen, dass alle DIY-bloggerinnen unpolitisch sind, keineswegs, aber darüber zu schreiben, sich und seine Ansichten zur Debatte zu stellen liegt nicht unbedingt jeder. Und ehrlich gesagt sind mir Beiträge a la: DIE Politiker sind doch alle korrupt, wie man sie des öfteren liest, dann doch zu unpolitisch.
"Oft wünsche ich mir, dass Frauen, insbesondere die Frauen meiner Generation, denen so viel versprochen wurde und die sich doch oft genug den alten Strukturen ergeben müssen (?), doch mal die Nase voll habe und sich von der Lebenslüge verabschieden, es handle sich um individuelle Entscheidungen und/oder Probleme, wenn sie eigentlich massiv strukturell diskriminiert sind."
Absolut. Das wünsche ich mir auch. Und ich wünsche mir, dass sich Frauen um ihre Interessen kümmern - und zwar nicht nur im großen, nicht nur auf der politischen Ebene, sondern auch im kleinen, im vermeintlich rein privaten. Dass sie Verantwortung übernehmen, sich um ihren Kram kümmern.
"Es kann auch darum gehen, nicht mehr kaufen zu müssen und damit auch ein Stück weit alternativen Konsum zu betreiben. Kann, aber muss nicht. Es ist jedenfalls eine gemeinsame und im Feedback von Solidarität und Anerkennung geprägte Veranstaltung und durchbricht auch ein Stückweit weibliche Konkurrenzmuster, die ich für gesellschaftlich und nicht für natürlich halte."
Was ist schon natürlich :-)
Wenn ich nach Schnittstellen zwischen beruflichem und privatem Tun suche, finde ich den kleinsten gemeinsamen Nenner im Ansatz der Nachhaltigkeit. Zugegeben, ein recht offenes Konzept, das sich jedoch herunterbrechen und konkretisieren lässt. Konsumkritik, Eigenarbeit, work-life-balance, Ressourcenschonung, Kompetenzentwicklung, umfassende Bildung und Entwicklung von Fähigkeiten, Einüben kultureller Praxen und Fertigkeiten - dies alles sind Berührungspunkte, die ich auf einer theoretischen, allgemeinen Ebene spannend finde und im Selbermachen für mich konkretisiere. Es geht sicher auch darum, der verkopften Erwerbs- und Schreibtischarbeit etwas konkretes entgegenzustellen, oder besser: diese zu ergänzen. Gerade beim Kochen liegt die Kombination für mich auf der Hand: Wo kommt unser Essen her? Unter welchen Bedingungen wird es produziert? Welche Folgen hat es wenn wir weniger als 10 Prozent unseres Geldes für Essen ausgeben?
Sich ausprobieren, was mit den Händen machen, etwas neu lernen, sich umfassend bilden, in (alten) Fertigkeiten. Wenn dies einher geht mit Anerkennung, Feedback, Wahrnehmung, netzwerken - umso besser.