Freiberufliche Hebammen in der Geburtshilfe bekommen künftig mehr Geld für Geburten. Damit werden die stark gestiegenen Kosten für private Haftpflichtversicherungen kompensiert.
Meine beiden Töchter sind im Geburtshaus zur Welt gekommen. (Und zwar in der Fera. Das Geburtshaus arbeitet nach einem, aus meiner Sicht: perfekten, Konzept: hebammengeleitete Geburt im Geburtshaus mit Anschluss an eine Klinik für den Fall der Fälle. So sind sie in der Lage, z.B. PDA zu nutzen und allen medizinischen Schnick und Schnack, falls es wirklich nötig wird.)
In der ersten Schwangerschaft habe ich drei Freundinnen gefragt, wo sie zur Geburt waren, jedes Mal war die Antwort: In der Fera. Als ich dann das Haus kennengelernt hatte, war schnell klar: hier sind wir richtig. Das ist genau das richtige Maß an alternativer Geburtshilfe, Individualität und Selbstbestimmtheit auf der einen und Sicherheit - im Hintergrund! - auf der anderen Seite.
Die Hebammen arbeiten dort freiberuflich und machen einen hervorragenden Job. So eine Geburt erfordert immenses Wissen, sie zieht sich ja gerne mal hin und ist mitunter Knochenarbeit. Der größte Unterschied zwischen hebammengeleiteter Geburt und stärker schulmedizinischer Geburt scheint mir zu sein, dass in ersterem Fall Hebammen möglichst alles tun, um die Frau im weitesten Sinne unversehrt durch die Geburt zu bekommen. So habe ich das zumindest erlebt. Und das ist aus meiner Sicht unbezahlbar.
Hebammen, die diese wertvolle Arbeit machen, werden immer weniger. Mit Pekip-Kursen und Schwangerenyoga lässt sich deutlich entspannter Geld verdienen und die Arbeitszeiten sind planbar. Meine Nachsorgehebamme sagte, dass sie die ersten 15 (!) Geburten im Jahr ausschließlich für die Versicherung macht. Danach "verdient" sie was. Die Wahlfreiheit zwischen Krankenhaus und Geburtshaus oder Hausgeburt ist akut bedroht, einfach weil diesen Job unter diesen Bedingungen immer weniger machen wollen.
Insofern scheint die Einigung auf eine Erhöhung der Bezüge für Geburten eine gute Nachricht zu sein. Die Süddeutsche verweist jedoch darauf, dass mit diesen 25,60 € gerade mal die Erhöhung kompensiert wurde. Sie verdienen somit keinen Cent mehr. Die Hebammen fordern jedoch eine kräftige Erhöhung ihrer Honorare. Eine Forderung, die in meinen Augen absolut berechtigt ist: Hebammen erhalten mit umgerechnet 7,50 € nicht mal den in der Diskussion befindlichen Mindestlohn. Ausserklinische Geburten sind deutlich günstiger als Geburten im Krankenhaus. Absurd: Diejenigen, die die Arbeit machen, können von ihrer Arbeit kaum leben, geben die Tätigkeit der freien Geburtshilfe womöglich auf, so dass Geburten mittelfristig "nur noch" im Krankenhaus stattfinden - was die Kosten schließlich in die Höhe treibt...
Diese Erhöhung ist auch deshalb eine gute Nachricht, weil sie zeigt: konzertierter Protest und Einsatz mit langem Atem für die eigenen Interessen bringt - mitunter - doch etwas.
Ich hoffe, dass die Hebammen mit ihrer weiteren Forderung Erfolg haben, damit Frauen sich auch in Zukunft für eine selbstbestimmte Geburt entscheiden können!
Ich rege mich ja selten auf, ... aber, über dieses Thema um so mehr! Das ist doch eindeutig ein erneuter Versuch den Beruf der Hebamme zu verdrängen und Geburten in die Klinken zu bekommen. Hast du den Artikel in der TAZ von Mittwoch gelesen, das Interview mit diesem Berliner Arzt? "Wer das Risiko sucht, soll auch dafür zahlen!!!" Oder so ähnlich. Unglaublich. Ich finde es einen Skandal, wie schlecht die Arbeit von Hebammen bezahlt wird. Punkt. Diese verantwortungsvolle Arbeit gehört anständig entlohnt. Eine Klinikgeburt kostet ein Vielfaches! Genau das ist der Punkt.
AntwortenLöschenLG, Bronte
Nein hab ich nicht, suche ich mal. Wundert mich nicht wirklich...
AntwortenLöschenJa, das ist der Punkt.
Für mich war es gestern auch die Nachricht des Tages!!
AntwortenLöschenHier in Bi gibt es inzwischen nur noch 2-4 Hebammen, die Hausgeburten betreuen und ich habe die Zahl schon schrumpfen sehen. Einen derart wichtigen Beruf so ausbluten zu lassen hat mich an unserer Ziwilgesellschaft doch sehr zweifeln lassen!
Wem auch immer sei Dank ist ja ein kleiner Teilerfolg errungen worden!
Da das Thema bei uns auch gerade wieder aktuell ist: Tatsächlich unterstützen die Krankenkassen meist mehr, als es auf den ersten Blick aussieht. So übernimmt meine ganz klassische popelige gesetzliche KK auch die Rufbereitschaft. Das muss man natürlich erfragen. Außerdem hat man wohl einen "Anspruch" auf eine Haushaltshilfe bzw der Mann auf Gehaltsausfall über die KK der Frau, wenn sie nachd er Geburt noch nicht wieder alles kann.
AntwortenLöschenDas soll aber jetzt kein Inschutznehmen der KK sein. Was da gemacht wird, ist unter aller Sau. Denn es endetnicht damit, dass freie Geburten schwer bezahlbar bleiben, sondern dass auch die Kosten für kleine Krankenhäuser mit Geburtsstation zu teuer werden. So geht es immer mehr zu zentralen, großen, anonymen Krankenhäusern über, die dann komplette Versorgungshäuser in allen Lagen sind (und leider nicht für jeden im Umkreis von 20 km). Den Junior bekam ich in so einem Haus entbunden (und ich meine es so). Erschreckend war, dass sich keiner für mich verantwortlich fühlte (auch die Unterlagen wurden von keinem ernsthaft geführt. Hier mal die Eine Hebamme, da mal die Nächste)... Nein, das wünsche ich keiner Frau und mache in meinem Umfeld fleißig Werbung für die Arbeit der Hebammen.
Liebe grüße und danke für deinen Post!
Pauline
Danke für Deinen Kommentar. Ich kann deine Erfahrung nur bestätigen. Als wir uns bei L1 in der Fera anmeldeten ging es auch um die Kostenübernahme durch die Kasse. Ich rief also bei der AOK in Paderborn (!) - wo ich nach wie vor versichert bin - an und erklärte unsere Pläne. Üblicherweise übernahmen Kassen "damals" (2007) einen bestimmten Satz, sagen wir 250 € pauschal. Das Geburtshaus berechnete jedoch 400 €, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Ich rief also meinen Sachbearbeiter an und schilderte ihm, dass ich in ein Geburtshaus gehen wolle. "Oh", sagte er erstaunt, "das haben wir hier nicht so oft." Vielleicht fand er "so was§" spannend, irgendwie alternativ, wie auch immer: er sagte umgehend zu, den erhöhten Satz zu zahlen.
LöschenMelleni
Insofern geht es mir gar nicht um die einzelne Krankenkasse, das Problem scheint mir höher angesiedelt, "systemisch" zu sein....
LöschenDas ist mir klar. Aber die Krankheit des Sytems liegt an einer ganz anderen Stelle: Dinge, die wir immer um uns haben, verlieren im Alltäglichen ihren Wert. Wenn ich das aufs Gesundheitssystem übertrage: Wir gehen (mal von den 10€ Praxisgebühr und den VErsicherungskosten abgesehen) kostenfrei zum Arzt, zum Notdienst, ins Krankenhaus (ich weiß, 10€ am Tag), fahren zur Kur, bekommen Rezepte für die Krankengymnastik, für den (Alten-)pflegedienst usw. Ich finde es großartig, in so einem Sozialsystem aufzuwachsen. Jedoch vergessen wir (und noch schlimmer: die Politker) das all diese Leute ihren Wert haben. Und der Wert kann sich nicht allein aufgrund der Anzahl der Patienten in der Stunde berechnen, oder der Anzahl der Ausbildungs- und Forbildungsjahre. Irgendwo muss doch der Punkt kommen, dass auch eine angelernte Altenpflegerin, die mit ihrem Job Schwerstarbeit im Schichtdienst leistet, von ihrem Geld LEBEN kann.
LöschenUm wieder zum Ausgangspunkt zu kommen: Uns wird es abgenommen, diese Kostenfaktoren im Alltag zu sehen, da das Gesunheitssystem in den meisten Fällen einspringt (was ich siehe oben, richtig finde). Aber woher soll dann eine Lobby kommen, wenn es kaum jemanden interessiert?
Bei Hebammen trifft es ein relativ junges und gebildetes Klientel, dass unter den Einschränkungen leidet. Daher ist das Interesse relativ groß. Aber im Bereich Altenpflege (z.B. Pflege eines Demenzkranken)...?
Ich könnte noch weit ausholen. Deshalb ein paar Stichpunkte: Berufspolitiker (zum Teil nicht Mal eine Berufsausbildung angefangen oder beendet - wie sollen die den Wert von Arbeit einschätzen), keine Krankenkassen- oder Altenpflegebeiträge...
Liebe Grüße,
Pauline